Auf der anderen Seite des Schweigens

Meeresblick

Borromäusverein und Sankt Michaelsbund empfehlen als Religiöses Buch des Monats Juni:

Johannes Bunnenberg, Aurelia Spendel (Hg.): Auf der anderen Seite des Schweigens. Dominikanisches Jahreslesebuch. Regensburg: Pustet 2016. – 399 S.; 24,95 €

Wer ans Meer fährt, kennt vermutlich das Gefühl von Weite, das sich einstellt, wenn man am Strand sitzt und den Blick über das Wasser bis an den Horizont schweifen lässt. Ein ähnliches Gefühl stellt sich ein, wenn man in diesem Buch blättert und sich unweigerlich irgendwo festliest. Sei es, dass einem ein vertrauter Name begegnet – Johannes B. Brantschen, Timothy Radcliffe, Yves Congar, Meister Eckart oder Thomas von Aquin -, sei es, weil man an einer Überschrift hängen bleibt – „Als Priester bei den Nichtchristen in Kabul“, „Die große Frage an Gott“, „Die bizarre Mathematik der Liebe Gottes“.

Cover Auf der anderen Seite des SchweigensDiese und etliche weitere Texte aus acht Jahrhunderten hat der Dominikaner-Orden aus Anlass seines 800-jährigen Bestehens zu einem Jahreslesebuch zusammengestellt. Sie stammen von Mitgliedern der dominikanischen Familie, zu der außer den Brüdern und Schwestern auch Laien gehören. Diese Zusammenstellung ist von einer faszinierenden Weite und Vielfalt. Die Texte aus unterschiedlichen Zeiten und verschiedenen Ländern befruchten sich gegenseitig, gelegentlich widersprechen sie sich auch.

Über das Jahr verteilt finden sich Texte zu klassischen Themen wie Kreuz und Leiden, Karwoche, Ostern, Advent, Weihnachten, Texte über die Sendung des Ordens – und letztlich aller Christen. Etwas ausgefallenere Themen bieten die Texte zum Verhältnis von Christentum und Islam, zur Solidarität mit den Armen und über „Gott teilt unser Leben“.

Den Anspruch, den die Dominikaner an sich selbst stellen, formuliert Timothy Radcliffe in dem Text, der dem Buch seinen Titel gegeben hat: „Auf der anderen Seite des Schweigens“. „Das ist unsere Herausforderung in der Kirche“, schreibt er, „Worte zu sprechen, die tatsächlich bedeutungsvoll sind, die Gewicht und Autorität haben.“ Als Beispiel erzählt er von einem Besuch in einem Krankenhaus in Ruanda, in dem junge Männer und Kinder behandelt wurden, denen Minen die Beine weggerissen hatten. „Wir sahen es und konnten so gut wie nichts mehr sagen. Am Ende des Tages taten wir das einzig Mögliche: Wir feierten miteinander Eucharistie. Hier fanden wir ein Gedächtnis, das zu ertragen möglich machte, was wir gesehen hatten. Und welche Worte wir auch sprechen könnten, sie wären auf der anderen Seite des Schweigens.“

Einige Kapitel später wird der Leser/die Leserin auf einen Text von Johannes B. Brantschen über die schwierige Kunst des Tröstens und Leid miteinander Aushaltens stoßen. Kombiniert man die beiden Texte, entsteht vielleicht ein vertieftes Verständnis dafür, was Trost heißt und was Eucharistie vermag. In dem Potenzial, solche Gedankengänge anzustoßen, den Horizont des Lesers/der Leserin zu weiten, liegt ein Teil der Kraft dieses Buches begründet.

Die Texte sind von hoher Intensität und sprechen von einem menschenfreundlichen, barmherzigen Gott, der sich allen Menschen ohne Unterschied zuwendet und ihr Leben will. Den Anspruch, Worte zu sprechen, die bedeutungsvoll sind, lösen die Texte voll und ganz ein. Bei einer Textseite pro Tag kann einen das Buch ein ganzes Jahr begleiten und dabei den Glauben vertiefen und anregen. (Christoph Holzapfel/Borromäusverein)

„Auf der anderen Seite des Schweigens“ beim Verlag Pustet.

(Als „Religiöses Buch des Monats“ benennen der Borromäusverein, Bonn, und der St. Michaelsbund, München, monatlich eine religiöse Literaturempfehlung, die inhaltlich-literarisch orientiert ist und auf den wachsenden Sinnhunger unserer Zeit antwortet.)

Am Ende bleiben die Zedern

Als Samir das letzte Mal mit seinem Vater zusammen war, erzählte der ihm eine Gute-Nacht-Geschichte. Da war Samir acht Jahre alt und liebte dessen Geschichten um Abu Yussef und das Dromedar Armir. Als sein Vater sich an diesem Abend auf sein Bett setzte, erzählte er von Abu Yussefs Schatz in den Bergen des Libanon. Als Samir eingeschlafen war, verließ sein Vater die Familie. Die Wunde, die er hinterließ, vermochte Samir über zwei Jahrzehnte nicht zu schließen, der Schmerz über diesen Verlust fraß ihn von innen auf. – Ein wunderschöner, warmer, trauriger Roman – mehr Adjektive müssen es nicht sein.→ weiterlesen

Zimmer frei im Paradies

61253-4_Niemeyer_Zimmer-frei_V4_fin_high.inddSusanne Niemeyer erzählt mit leichter Hand biblische Geschichten neu. Ungewohnte Blickwinkel und neue Zusammenhänge zeichnen ihre Erzählungen von Abraham und Sarah aus, von Maria und Martha und einigen Anderen Gestalten des Alten und Neuen Testaments. Niemeyers Geschichten sind nicht einfach Nacherzählungen, eher müsste man von Übersetzungen in neue Kontexte, in unsere Zeit sprechen. Borromäusverein und Sankt Michaelsbund empfehlen „Zimmer frei im Paradies“ als Religiöses Buch des Monats August.→ weiterlesen

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